Leo Haas

* 15.4.1901 in Troppau (Böhmen)/ Österreich-Ungarn
† 13.8.1983 in Ost-Berlin

war ein deutscher Maler, Grafiker, Zeichner und Karikaturist – und Holocaust-Überlebender.
Eine kurze Biografie anlässlich der Ausstellung “Der Maler und Grafiker Leo Haas” von ver.di Berlin-Brandenburg, Fachbereich, Medien, Kunst und Industrie in Kooperation mit dem Deutschen Mauthausen Komitee Ost im Juli bis September 2008.

Vor dem Krieg

Leo Haas wird am 15. April 1901 in einer jüdischen Familie in Troppau (tschechisch Opava) als eines von vier Kindern geboren. Er zeigt früh eine starke künstlerische Begabung. Auf Empfehlung seines Zeichenlehrers, der in Karlsruhe studiert hatte, geht Leo Haas an die dortige Kunstakademie und bildet sich in verschiedenen grafischen Techniken aus.
Von 1921 bis 1923 setzt er sein Studium an der Akademie der Künste in Berlin fort. Von dort geht Leo Haas 1924 für zwei Jahre nach Wien und kehrt anschließend zurück nach Opava. Dort arbeitet er als Gebrauchsgrafiker, Maler, Bühnenbildner sowie Pressezeichner und heiratet 1929 Sophie Herrmann. 1938, nach dem Münchner Abkommen, wird das Atelier von Leo Haas verwüstet, so dass er sich gezwungen sieht, nach Ostrava umzuziehen.

1939, nach dem Einmarsch der Nazis, wird er verhaftet und in das KZ Nisko bei Lublin verschleppt. Er muss Zwangsarbeit verrichten und für die SS Porträts zeichnen. Hier fertigt er zum ersten Mal heimlich Kopien von den erzwungenen Bildern an. 1940 entlassen, geht er zurück nach Ostrava, arbeitet mit der tschechischen KP im Widerstand, wird 1942 erneut verhaftet und zusammen mit seiner zweiten Frau Erna ins KZ Theresienstadt deportiert.

KZ Theresienstadt

Leo Haas arbeitet im Zeichenbüro der „technischen Abteilung“ des Lagers und stellt Bauzeichnungen und Illustrationen für die Nazis her.

Gemeinsam mit anderen Künstlern zeichnet er heimlich die furchtbaren Verhältnisse in dem „Musterghetto“. Ins Ausland geschmuggelt, sind diese Zeichnungen der Anlass für das Rote Kreuz das Lager zu inspizieren. Doch die Nazis entdecken die Aktivitäten der Häftlinge und Künstler. Leo Haas wird im Oktober 1944 mit dem Vermerk „Rückkehr unerwünscht“ nach Auschwitz deportiert. Von der Gruppe der Maler in Theresienstadt wird Leo Haas der einzige sein, der überlebt.
www.ghetto-theresienstadt.info/pages/h/haasl.htm

KZ Auschwitz

In Auschwitz zwingt die SS Leo Haas in der Versuchsanstalt von Josef Mengele zu arbeiten. Zusammen mit anderen Malern und Fotografen muss er die Opfer detailliert darstellen. Auch hier dokumentiert er heimlich alles, was er zu sehen bekommt.

KZ Sachsenhausen

Im November 1944 kommandiert ihn die SS ins KZ Sachsenhausen. Dort wird er zusammen mit anderen Facharbeitern und Künstlern für das „Unternehmen Bernhard“ eingesetzt, um gefälschte Geldscheine und Dokumente herzustellen. Als die Rote Armee im Februar 1945 näher rückt, wird das Unternehmen in das KZ Mauthausen verlegt.

KZ Mauthausen und KZ Ebensee

Aber auch dort zwingt der Vormarsch der Alliierten Truppen die SS bereits nach zwei Monaten die Fälscherwerkstatt erneut zu verlagern. Im April 1945 kommt Leo Haas in das Nebenlager Schlier und das KZ Ebensee. Dort wird er am 6. Mai von den Amerikanern befreit und erreicht am 9. Mai Prag. Seine Frau hatte, von den pseudomedizinischen Versuchen im KZ schwer gezeichnet, überlebt. Seine Schwester Eveline und sein Bruder Hugo waren in Auschwitz ermordet worden.

„Am 9. Mai kam ich gleichsam zum zweiten Mal zur Welt. Das Bewusstsein, einmal Zeugenschaft ablegen zu müssen, hatte mir geholfen, die Hölle zu überleben. In Terezín war es mir gelungen, etwa 400 Studienblätter einzumauern und so der Beschlagnahme durch die Gestapo zu entziehen. Ich holte sie nach meiner Befreiung aus ihrem Versteck.“

Die Zeichnungen von Leo Haas dienen in mehreren Prozessen der Anklage gegen die Verbrechen der Nazis als Beweismittel u.a. im Auschwitz-Prozess und in dem Verfahren gegen Eichmann.

Nach dem Krieg

Leo Haas bleibt zusammen mit seiner Frau in Prag und arbeitet dort als Karikaturist und Pressezeichner für verschiedene Zeitschriften und Zeitungen. Als seine Frau im März 1955 stirbt, übersiedelt er nach Berlin. Dort heiratet er Ingeborg Herrmann. Schon in Prag hatte er Aufträge für den „Eulenspiegel“ ausgeführt. In Berlin kommen „Neues Deutschland“, die „Wochenpost“ u.a. dazu. In der Sendereihe „Zeitgezeichnet“ des DFF (Deutscher Fernsehfunk) sowie in Filmprojekten der DEFA arbeitet er mit dem Journalisten und Filmemacher Walter Heynowski zusammen.

1981 verleiht ihm die Stadt Opava die Ehrenbürgerschaft. Am 13. August 1983 stirbt Leo Haas in Berlin und wird auf dem Zentralfriedhof Berlin-Friedrichsfelde beigesetzt.

Zeichner und Karikaturist

  • 1919-22 Studium an der Kunstakademie in Karlsruhe.
  • Studium in Berlin bei Emil Orlik und Willy Jaeckel.
  • ab 1926 Pressezeichner und Karikaturist in der Tschechoslowakei.
  • 1937 inhaftiert und zur Zwangsarbeit nach Ostrau gebracht.
  • 1942 Überführung in das KZ Theresienstadt, dort Verfertigung zahlreicher Zeichnungen, die er versteckt.
  • 1945 KZs Auschwitz und Sachsenhausen (wo er im dortigen Geldfälscherkomando u.a. Adolf Burger begegnet).
  • 1945-1955 Zeichnungen für die Zeitung Rüde Pravo in Prag.
  • 1947-1948 Herausgabe von zwei Graphikmappen nach seinen in den Konzentrationslagern entstandenen Zeichnungen, die er vor allem aus dem Versteck in Theresienstadt herausholen konnte.
  • Ab 1955 in Berlin (Ost), wo er als Zeichner für Neues Deutschland, Eulenspiegel und andere Zeitungen tätig ist.

Werk


Literatur:

Vollmer, Bd. II, S. 345, und Bd. VI, S. 2
Wolf H. Wagner: Der Hölle entronnen. Stationen eines Lebens. Eine Biographie des Malers und Graphikers Leo Haas. Berlin 1987
Die Sammlung Gerd Gruber, Eine Dokumentation, Ausst.-Kat. Staatliche Galerie Moritzburg Halle 1990, S. 73

Verfemt – Vergessen – Wiederentdeckt. Kunst expressiver Gegenständlichkeit aus der Sammlung Gerhard Schneider; (anlässlich der Ausstellung Verfemt, Vergessen, Wiederentdeckt. Kunst expressiver Gegenständlichkeit aus der Sammlung Gerhard Schneider, Kunstverein Südsauerland Olpe 4.7.-8.8.1999/23.7.- 20.8.2000);
Museum Baden, Solingen-Gräfrath (21.11.1999-21.3.2000) hrsg. Von Rolf Jessewitsch und Gerhard Schneider. Köln: Wienand 1999. ISBN 3-87909-665-1, S. 440

Weblinks:

  • http://www.verfemte-kunst.de/ Link: Die Sammlung
  • https://dewiki.de/Lexikon/Leo_Haas
  • https://de.wikipedia.org/wiki/Leo_Haas
  • https://www.yadvashem.org/yv/de/exhibitions/art/haas.asp
  • http://www.ghetto-theresienstadt.de/pages/h/haasl.htm
  • http://art.holocaust-education.net/explore.asp?langid=1&submenu=200&id=14
  • https://www.pamatnik-terezin.cz/prisoner/ma-haas-leo-leopold
  • https://www.cicero.de/innenpolitik/das-einzige-was-vom-vater-blieb/54477
  • https://www.vdfk.de/arbeitsprobe/juedisches-museum-ausstellung-bedrich-fritta