Arbeitslosenversicherung

Erste Arbeitslosenversicherung in Deutschland

Am 1.1.1880 trat die erste Arbeitslosenversicherung in Deutschland tritt in Kraft.

Der Verband Deutscher Buchdrucker hatte eine Kasse eingerichtet, in die die Mitglieder ihren Versicherungsbeitrag einzahlen mußten. Die gewerkschaftlich organisierten Buchdrucker waren die ersten, die auf ihrem Verbandstag 1875 mit Vertretern aus allen Regionen Deutschlands, einen solchen Beschluss gefaßt hatten.

Die Beiträge zu der Versicherung wurden ab dem 1.Oktober 1879 erhoben. Es wurden nach 13 Beitragswochen pro Tag 0,75 Mark ausbezahlt und nach 26 Beitragswochen 1 Mark pro Tag. „Das ganze wurde als ein wichtiges Mittel betrachtet, den Tarif aufrecht zu erhalten bzw. durchzuführen.“ (W. Krahl, 1866-1916 – Der Verband der Deutschen Buchdrucker, Bd.1, Berlin 1916, S.381)

Obwohl die Arbeitslosenversicherung bereits auf dem 4.Verbandstag der Deutschen Buchdrucker 1874 in Dresden beschlossen worden war, hatte dieser Beschluß in der dafür vorgeschriebenen Urabstimmung unter der gesamten Kollegenschaft im September 1875 nicht die notwendige Zweidrittelmehrheit bekommen.

Auch die zweite Urabstimmung zu dieser Frage 1876 erreichte nicht das verlangte Ergebnis – ein verlorener Streik in Berlin und damit einhergehende Kürzungen des Tarifs beflügelten die Kollegen nicht, für eine Ausweitung von Unterstützungsleistungen zu stimmen.

1879 war der Buchdruckerverband in Folge der in Kraft getretenen Sozialistengesetze gezwungen sich als Organisation umzuwandeln, um nicht verboten zu werden. Er benannte sich in „Unterstützungs-verein Deutscher Buchdrucker“ um und rettete die Verbandskasse vor dem staatlichen Zugriff in die Schweiz. Vom 2.bis zum 5.September 1879 wurde die erste Generalversammlung des Unterstützungsvereins in Hannover abgehalten. Dort wurde das Prinzip der Urabstimmung abgeschafft und bei vier Gegenstimmen die Einführung der Arbeitslosenversicherung vom 1.Januar 1880 an beschlossen.

Vorgeschichte zur Entwicklung der Arbeitslosenversicherung

Die Arbeitslosigkeit, das „Gewerbeübel der Buchdruckergehülfen“ war in früheren Jahrhunderten vor allem eine Begleiterscheinung lang andauernder Kriege. Die Arbeitslosenversicherung des Buchdruckerverbandes ist hervorgegangen aus der Reiseunter-stützung, dem Viatikum. In früheren Jahrhunderten zogen die Buchdrucker, wenn sie ihre Arbeit verloren hatten, häufig an andere Orte, um sich neue Arbeit zu suchen. 1868 wurde auf dem zweiten Buchdruckertag neben der Invalidenkasse auch eine Viaticumskasse beschlossen. Mit der Einzahlung in diese Kasse erwarben die Mitglieder den Anspruch auf Unterstützungsleistungen, wenn sie gezwungen waren, ihren Ort zu verlassen und auf Wanderschaft zu gehen. Ebenfalls 1868 wurde die Gemaßregeltenunterstützung eingeführt, an solche Mitglieder „die wegen Aufrechterhaltung der Verbandsgrundsätze oder wegen Bedrückung irgendwelcher Art gezwungen sind, die Arbeit niederzulegen“ oder die „infolge Aufrechterhaltung des mit den Prinzipalen vereinbarten und vom Vereinsvorstande publizierten Tarifs oder sonstiger auf gleiche Weise zustande gekommener Arbeitsbedingungen arbeitslos werden.“ (ebenda, Anh. S.18) (die Koalitionsfreiheit wurde im Norddeutschen Bund erst 1869 eingeführt; davor waren die Gehilfen gezwungen, bevor sie in den Ausstand traten, zu kündigen.)


Literatur & Links

Alle Angaben aus: Willi Krahl, 1866-1916 Der Verband der Deutschen Buchdrucker. Fünfzig Jahre deutsche gewerkschaftliche Arbeit mit einer Vorgeschichte. Hrsg. Vorstand des Verbandes der Deutschen Buchdrucker, Erster Band Berlin 1916;

Weitere Literatur:

  • Gerhard Beier, Schwarze Kunst und Klassenkampf. Bd.1 Vom Geheimbund zum königlich-preußischen Gewerkverein 1830-1890. Geschichte der Industriegewerkschaft Druck und Papier und ihrer Vorläufer seit dem Beginn der modernen Arbeiterbewegung Bd. 1; Hrsg.: IG Druck und Papier, Stuttgart; Frankfurt/M 1966
  • Karl Michael Scheriau, Kunstgenossen und Kollegen. Entstehung, Aufbau. Wirkungsweise und Zielsetzung der Gewerkschaftsorganisation der deutschen Buchdrucker von 1848-1933. Berlin 2000